Foto-Video-Fachbericht (1. Juni 2018)
Ein außergewöhnlicher Schneckencichlide im Aquarium:
Lamprologus signatus - der „Vielfachgebänderte Tanganjikaseebuntbarsch“
Spricht man in der Aquaristik von Zwergbuntbarschen, denkt man unweigerlich an die aus Südamerika stammenden Apistogramma-Arten. Aber auch in Afrika gibt es kleinbleibende Cichliden, die man ebenfalls so bezeichnen darf und die sich als äußerst dankbare Aquarienbewohner erweisen. Die sogenannten „Schneckenbuntbarsche“ aus dem Tanganjikasee sind die vielleicht bekanntesten Zwergcichliden aus dem ostafrikanischen Grabenbruch. Manche werden kaum größer als 4 oder 5 cm, und im Vergleich zu ihren Artgenossen aus dem Malawisee sind sie längst nicht so aggressiv. Die Farbenbracht ist sicherlich geringer als bei den meisten Apistogramma- oder Nannacara-Arten. Im Verhalten stehen sie ihren südamerikanischen Verwandten allerdings in nichts nach. Ganz im Gegenteil. Die Brutpflege und Aufzucht durch die Elterntiere gestaltet sich äußerst intensiv. Die afrikanischen Lamprologus- und Neolamprologus-Arten werden mit bis zu acht Jahren auch deutlich älter. Eine der relativ kleinen und vom Körperbau her gesehenen schlanken Arten ist Lamprologus signatus (Synonym Neolamprologus signatus), deren deutsche Bezeichnung gelegentlich „Vielfachgebänderter Tanganjikaseebuntbarsch“ lautet. Beide Geschlechter werden bis zu 5 cm groß, unterscheiden sich aber deutlich in Struktur und Farbgebung. Die Männchen sind mit ca. einem Dutzend dunkler Querstreifen ausgestattet, die bei den Weibchen komplett fehlen. Die auf den ersten Blick farblos wirkenden weiblichen Fische weisen allerdings interessante Farbschimmer auf, je nachdem wie sie vom Licht angestrahlt werden. Der Name „Schneckenbuntbarsch“ ist keine wissenschaftliche Bezeichnung. Er beschreibt lediglich eine Gruppe von Cichliden mit ähnlichem Verhalten. Das heißt konkret, dass von manchen Arten, wie z.B. Lamprologus signatus, auch Höhlen als Unterschlupf oder zur Eiablage in Anspruch genommen werden. Man unterscheidet deshalb zwischen obligatorischen oder fakultativen Schneckenhausbrütern. Die obligatorischen Schneckenhausbrüter, wie z.B. Neolamprologus brevis, laichen nur in Schneckenhäusern ab. Bei den Fakultativen, so wie Lamprologus signatus, kann es sowohl ein leeres Schneckenhaus als auch eine Höhle sein (STAECK 2010). Die meisten dieser kleinen Cichliden können problemlos mit anderen friedlichen Arten gehalten werden. Man sollte allerdings auf die Ernährungsgewohnheiten (BAUER 2007) achten und es vermeiden, Fleischfresser (Carnivore), wie z.B. L. signatus, mit Pflanzenfressern (Herbivoren), wie z.B. Tropheus moorii, zusammen zu halten. Lamprologus signatus sollte nach Möglichkeit im Artenbecken gepflegt werden, wie es auch KONINGS (1996) empfiehlt. Die Fische haben selbst bei anderen kleinen Arten, wie beispielsweise Neolamprologus brevis, Probleme sich zu behaupten. Es besteht die Gefahr der Verdrängung, was mittelfristig zum Verlust führen kann. Diese Beobachtungen wurden vom Autor gemacht, der L. signatus gemeinsam mit N. brevis in einem 200 Liter Aquarium hielt, in dem es genügend Versteck- und Ausweichmöglichkeiten gab. Zur Zucht empfiehlt es sich sogar, die Fische paarweise zu pflegen. Hierbei kommt das natürliche Paarungsverhalten besonders gut zur Geltung.
Aquarium und Wasserwerte
Artemia-Nauplien als optimales Lebendfutter
Paarbildung und Zucht
Die Pflege des Geleges übernimmt in erster Linie das Weibchen. Es fächelt den Eiern und den nach wenigen Tagen geschlüpften Larven Frischwasser zu. Nach einer guten Woche sind dann die Jungen zum ersten Mal am Eingang des Schneckenhauses zu beobachten. Anschließend werden sie vom Weibchen regelmäßig in andere Behausungen umgebettet. Es nimmt dabei die Jungen ins Maul und transportiert sie in ein anderes Schneckenhaus. Dieses außergewöhnliche Verhalten unterscheidet L. sigantus von anderen Schneckenbuntbarschen. Man nimmt an, dass dieses Verhalten dem natürlichen Lebensraum geschuldet ist. Hier werden nämlich Höhlen in den schlammigen Bodengrund gegraben, die leicht zum Einstürzen neigen. Aus diesem Grund müssen die Jungfische wohl regelmäßig umziehen. Die Männchen von L. sigantus nehmen hierbei eine eher passive Rolle ein, sind aber indirekt an der Brutpflege beteiligt, und wenn sich ein Jungfisch versehentlich aus dem Schneckenhaus verirrt, wird es auch schon mal vom Vater zurückgesetzt. Sobald die Jungen das Schneckenhaus verlassen, entfernen sie sich gelegentlich ohne Elterntiere aus dem Revier, ähnlich wie man es bei Lamprologus ocellatus (Syn. Neolamprologus ocellatus) beobachten kann, wie es aber bei z.B. N. similis undenkbar wäre (HAUSTEIN 2014). Sie bleiben dabei aber immer im Schwarm zusammen, und sowohl das Weibchen als auch das Männchen sind in unmittelbarer Nähe. Im Vergleich zu Neolamprologus similis oder Neolamprologus multifasciatus ist Lamprologus signatus sehr produktiv - ähnlich wie bei dem wohl bekanntesten Schneckenbuntbarsch L. ocellatus. Man kann durchaus mit 40 Jungfischen und mehr rechnen. Die Aufzucht mit Artemia ist problemlos, und bei guter Fütterung wachsen die Jungfische schnell heran. Im Gegensatz zu den weniger produktiven Arten, wie z.B. N. similis (maximal 8 bis 10 Junge), bleibt der Nachwuchs nur eine relativ kurze Zeit bei der Mutter. Die für manche Schneckencichliden typische „Etagenzucht“, bei der mehrere Generationen von Jungfischen im Revier der Mutter zu finden sind, lässt sich bei L. signatus nicht beobachten. Sobald sich die Jungen dauerhaft von den Elterntieren entfernen, sollten sie in ein separates Becken überführt werden. Aufgrund der Tatsache, dass die Jungen bei Gefahr in ein Schneckenhaus flüchten, kann man sie problemlos aus dem Aquarium entnehmen; ein sehr bequemer Vorteil für den Züchter.
Mögliche Mitbewohner im Schneckencichliden-Aquarium
Was Cichliden wie die hier beschriebene Art Lamprologus signatus von vielen anderen Zierfischen unterscheidet, ist sicherlich das ausgeprägte Sozialverhalten, das diese Buntbarsche irgendwie „intelligent“ wirken lässt. Als Aquarianer kann man seinen Schützlingen stundenlang zuschauen, ohne dass es langweilig wird. Schneckenbuntbarsche haben außerdem den Vorteil, dass sie aufgrund der geringen Größe in überschaubaren Aquarien gehalten werden können und durch ihre auf das leere Schneckenhaus bezogenen Verhaltensweisen für jeden Zierfischliebhaber etwas ganz Besonderes sind.
Sven Haustein
Lamprologus oder Neolamprologus?
HD-Video auf YouTube:
"Lamprologus signatus -
https://www.youtube.com/watch?v=suDaMUgqKjk
Kurzbeschreibung des Films:
Die Beobachtungen dieser Art habe ich in drei unterschiedlichen Aquarien gemacht. In dem einen Aquarium (200 Liter) lebten 2 Männchen und drei Weibchen mit N. brevis (ebenfalls 5 Tiere), von denen sie verdrängt wurden. In einem 120 Liter Aquarium lebten zwei Pärchen mit drei Welsen (Synodontis lucipinnis) zusammen, die ziemlich viel Unruhe in das Becken brachten. Ich halte Synodontis lucipinnis auch in einem Aquarium mit N. similis, die sich im Gegensatz zu L. signatus gegen die Welse wehren sobald sie in ihr Revier eindringen. Die Paarhaltung von L. signatus im Zuchtaquarium hat sich am besten bewährt. Meine Erfahrungen mit Schneckencichliden (Lamprologus, Neolamprologus) beruhen auf den von mir gepflegten und nachgezogenen Arten N. similis, N. brevis, N. multifasciatus, L. ocellatus und dem hier beschriebenen L. signatus. Einen ähnlichen Bericht wie diesen hier (mit Video) habe ich über Neolamprologus similis geschrieben, den Sie unten stehend als "Lesetipp" finden. Sven Haustein
Lesen Sie auch den Foto-Video-Fachbericht
"Schneckenbuntbarsche aus dem Tanganjikasee:
mit vielen Fotos, Literaturvorschlägen, Buchrezensionen, Links zum Thema Schneckenbuntbarsche und einem YouTube-Video. Dieser Bericht ist in der Verbandszeitschrift des Verbandes Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde e.V. (VDA) "VDA-aktuell" in der Ausgabe 3-2014 (S. 13-15) im Juli 2014 erschienen.
Kontakt (Autor):
Sven Haustein
Dieser Bericht ist in der Juni Ausgabe 2016 (47. Jahrgang, Nr. 6) der Fachzeitschrift "DCG-Informationen" (Herausgeber: Deutsche Cichliden-Gesellschaft e.V., ISSN 0724-7435, S. 128-131) erschienen.
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